Neurorehabilitation bei Multipler Sklerose

07.02.2017
Onkolog. Rehabilitation St. Veit im Pongau Therapie 9 copyright Foto Wolkersdorfer

Multiple Sklerose ist die häufigste neurologische Erkrankung im jungen Erwachsenenalter. Entgegen der früheren Annahme, dass körperliche Anstrengung bei MS schädlich sei, ist man mittlerweile zur Erkenntnis gekommen, dass Trainingstherapien für Patienten effektiv und sicher sind.

Rund zwei Drittel aller MS Patienten berichten von Bewegungsbeeinträchtigungen. Im Alltag äußern sich solche Einschränkungen unter anderem durch Gangstörungen, Lähmung und allgemeine Müdigkeit. Die daraus resultierende Schwächung des Muskelapparates hat zudem auch negative Auswirkungen auf das Wohlbefinden, die Lebensqualität und die Interaktion mit dem sozialen Umfeld. In der Therapie von MS Patienten stellt die Rehabilitation des Gehens deshalb einen wichtigen Bestandteil des Therapiekonzeptes dar. Das zentrale Ziel der Therapie ist die Aufrechterhaltung oder Wiedererlangung eines aktiven Lebensstils.

Die Neurorehabilitation kann durch verschiedene, individuell abgestimmte sportphysiotherapeutische Maßnahmen positiv beeinflusst werden. MS Patienten erlangen durch körperliche Aktivität mehr Kraft und Ausdauer und verbessern dadurch ihre Lebensqualität. Kraft- und Ausdauertraining bei niedriger Belastung oder auch eine Kombination beider Trainingsarten wird von MS-Patienten gut toleriert und stärkt sowohl das körperliche, als auch das seelische Befinden.

Ausdauertraining:
Zur Stärkung der Ausdauer sind 2-3 Trainingseinheiten pro Woche ausreichend. Eine Einheit sollte zwischen 10 und 40 Minuten dauern. Um einen erkennbaren Effekt zu erzielen, sollte über mindestens acht Wochen trainiert werden. Eine Trainingsintensität von 60-80% der maximalen Herzfrequenz (Anzahl der Herzschläge pro Minute, die ein Mensch bei größtmöglicher Anstrengung erreichen kann) hat sich als ideal erwiesen. Die Gehgeschwindigkeit, die Verlängerung der Gehstrecke, aber auch das Stiegen steigen und die häufig auftretende Fatigue können dadurch positiv beeinflusst werden. Regelmäßiges Ausdauertraining wirkt sich zudem positiv auf das Gehirn aus. Die Fähigkeit der Nervenzellen, sich neuen Anforderungen anzupassen und ihre Funktion zu erweitern, wird verbessert.

Krafttraining:
Auch die Muskelkraft von MS-Patienten ist mit speziellen Kraftübungen therapierbar. Zielführend ist ein Ganzkörpertraining mit 4-8 Übungen in 2-3 Übungseinheiten pro Woche. Zu Beginn werden 1-3 Serien pro Übung mit rund 15-20 Wiederholungen durchgeführt. Später kann das Training gesteigert werden bis die gewünschte Trainingszahl erreicht ist. Um einer Überhitzung vorzubeugen haben sich kleine Pausen von 2-4 Minuten bewährt. Diese Form des Trainings eignet sich jedoch nur für gehfähige Patienten.

Hippotherapie:
Therapeutisches Reiten auf dem Pferd hat in vielen Fällen positive Auswirkungen auf die Rumpfstabilität, das Gleichgewicht und die Gehfähigkeit. Dabei werden die vom Pferd ausgehenden dreidimensionalen Schwingungsimpulse auf den Patienten übertragen. Hippotherapien sind jedoch nur eingeschränkt verfügbar und bedürfen immer einer ärztlichen Verordnung. Wichtig für die Abrechnung mit der Krankenkasse ist eine rechtzeitige Informationseinholung bezüglich der Bewilligung und Finanzierung der Therapie.

Hilfsmittel/Heilbehelfe:
Der Bedarf eines Heilbehelfes wird im Rahmen der ambulanten oder stationären Betreuung durch einen Therapeuten festgestellt. Für sogenannte tarifierte Hilfsmittel muss vom Arzt ein Verordnungsschein ausgestellt werden. Nur dann können die Kosten von der Krankenkasse übernommen werden. Benötigt ein Patient einen Rollstuhl, so ist zusätzlich die Ausstellung eines Begründungsschreibens und eines Maßblattes für die Bewilligung und Anfertigung notwendig. Eine chefärztliche Bewilligung durch die jeweilige Krankenkasse kann dennoch erforderlich sein. Im Gegensatz dazu müssen nichttarifierte Hilfsmittel privat finanziert werden. Als Sonderform eines Heilbehelfes ist die funktionelle Elektrostimulation zu nennen. Sind Patienten von Muskellähmungen am Vorfuß betroffen, so kann diese Form der Therapie durch Stimulation der betroffenen Muskulatur die Gehfähigkeit verbessern.

 

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AUTOR

Prim. Dr. Hermann Moser Neurologisches Therapiezentrum Gmundnerberg

Gmundnerberg 82 4813 Altmünster
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